Freitag, 29. Juli 2011

Repräsentative Demokratie in Mettmann


Repräsentative Demokratie
in Mettmann


Erfahrungen aus der Blutbuchenretterepoche


Von Christoph Hütten


Hypothese. Ratsmitglieder und Parteifunktionäre sind nie für uns Bürger da. Der Bürger stört den Politiker ständig bei seiner wertvollen, ehrenamtlichen Tätigkeit.


Nein, nicht ganz. Und wenn doch, warum nicht?


Klar, nicht immer sollten Politiker sofort umsetzen, was ein Bürger verlangt. Natürlich müssen sie Einzelinteressen und Gemeinwohl unterscheiden, sorgfältig abwägen. Sonst würde womöglich jedes Mal, wenn ein geBILDeter Bürger das will, die Todesstrafe für Hundebesitzer eingeführt. Noch schlimmer, Tempo 30 oder Tempo 50 auf der Nordstrasse würde im Monatsrhythmus wechseln. Je nach Befinden und Wetter.


Um diesen möglichen Unsinn zu verhindern sieht das deutsche Grundgesetz in den Artikeln 20 und 28 GG die "repräsentative Demokratie" vor.


Das bedeutet, der Bürger muss, nachdem er gewählt hat, die Erwählten weitgehend in Ruhe lassen. Die ganze 5-jährige Amtsperiode lang. Währenddessen darf das Ratsmitglied nur nach seinem Wissen und Gewissen unbehelligt vom Bürgerwillen regieren. Puh, was da alles passieren kann? Besonders bei Parteien mit Fraktionszwang.


Entscheiden? Unbehelligt? Nach persönlichem Wissen und Gewissen? So ist es. Ein häufiger Grund für "Am-Bürger-vorbei-Entscheidungen", die mit geduldeter Bürgerbeteiligung vielleicht geglückt wären.


Apropos, geduldete Bürgerbeteiligung. Was auf Landes- und Bundesebene schwierig ist, könnten die Hobbypolitiker in kleineren Gemeinden ohne weiteres. Leider machen die sich das selbst schwer, wenn sie unaufgeklärten, nicht einbezogenen Bürgern eine folgenschwere Entscheidung darstellen wollen. Zu erklären, warum in einem Fall das Gemeinwohl vorgeht, warum eine offensichtliche Bürgermeinung doch verkehrt sein kann, ist im Nachhinein fast unmöglich.


Was machen die Räte wenn eine zweifelhafte Entscheidung im Raum steht? Sie verstecken sich hinter der "repräsentativen Demokratie" und wollen ihre Ruhe beim Regieren. Steht ja so im Grundgesetz.


Liebe Ratsherrinnen und Ratsherren, bezieht die Bürger in eure Entscheidungen ein. Sie verstehen euch besser und helfen beim Transport von Nachrichten, sogar von schlechten. Seht sie als Multiplikator für die ganze Gemeinde. Allgemeine, undifferenzierte Meckereien hören auf. Alle sind glücklich.


Liebe Bürger, versteht ihr nun die Nöte unserer stets bemühten Hobbypolitiker? Werdet ihr ihnen ab jetzt bei ihrer schweren, verantwortungsvollen Arbeit helfen? Bitte macht das. Selbst dann, wenn sie's gar nicht wollen. Ihr wisst jetzt warum.


Nun das WIE: Der kleine Mitbestimmerleitfaden.


Und es gibt doch Mitbestimmungsmöglichkeiten!


Auf zur Sitzung. Das ist A und O jeder nachhaltigen Bürgerinitiative. Folgende Strategie sei empfohlen.


Politik, Verwaltung, vor allem die Gemeindeordnung geben dem Bürger wirksame Möglichkeiten. Nach Beobachtungen der Mitglieder der Buchenretter-BI, (established Mai 2007) nutzt der Bürger diese kaum aus.


Deshalb "predigen" wir ständig, dass die Bürger, oder wenigstens die Bürgervereine institutionalisiert BESUCHER in die Rats- und Ausschusssitzungen schicken. Völlig unabhängig vom Inhalt der Tagesordnung. Seid immer und überall dabei. Und wenn's geht, redet mit den Ratsmitgliedern. Eben Lobbyarbeit.


Das zweite, fast ungenutzte Mittel ist die BÜRGERANREGUNG gemäss §24 GO. Eine prima Einrichtung. Verwaltung und Räte sind gezwungen sich damit zu befassen und eine Abstimmung dazu durchzuführen. Bei der Vorbereitung hilft die Verwaltung dem Antragsteller, sodass der Antrag rechtlich in Ordnung in die Ausschüsse gelangt. Die Presse hört aufmerksam zu, schreibt je nach Thema auch. Die §§25 und 26 sind noch spannender, kriegen 'mer aber später. Sind nur für Fortgeschrittene.


Zwar kommen diese Anregungen selten durch, aber das ist eine Frage von Qualität, Hartnäckigkeit, Thema und Häufigkeit der Anwendung. (Steter Tropfen trinkt auch mal gern ein Korn)


Noch ein nettes Mittel: die BÜRGERANFRAGE. Wenn man sowieso als Besucher bei einer Sitzung erscheint, kann man dieses Mittel auch gleich nutzen. Die Bürgerfrage steht standardisiert immer als Punkt 2 auf den Tagesordnungen aller Sitzungen, Die Bürgeranfrage wird leider so gut wie nie genutzt. Das letzte Mal 2007 von den Buchenrettern. Davor vermutlich kurz nach dem Krieg.


Alle vorgenannten Massnahmen sollten tägliches Brot aller Bürgervereinigungen werden, die von Rat und Verwaltung ernst genommen werden wollen. KONTINUITäT ist die Parole. Und so ganz nebenbei erfährt man tausend Details, die nicht in der Lokalpresse stehen. Dazu kommt die eine oder andere Leiche im Keller des politischen Gegners. Könnte ja auch mal nützlich werden, falls man einen politischen Gegner haben sollte :-)


Es gibt nichts Gutes ausser man tut es.



Der Werbeblog. Unaufdringlich, leicht provozierend.

BÜ90/Die Grünen scheint augenblicklich die einzige Partei mit nachhaltiger, ernst gemeinter Bürgerbeteiligung zu sein. Unter anderem durch öffentliche Fraktionssitzungen jeden Montag um 1930h.